Vom Erfrischungsraum zum Latte Art – Die erstaunliche Geschichte der Museumscafés

Wie kam der Cappuccino in die Kultur? Eine kleine, feine Zeitreise durch die Geschichte der Museumscafés – von Queen Victorias London bis zur Latte-Art-Gegenwart.

Der Morris Room im Victoria and Albert Museum – das älteste Museumscafé der Welt (KI generiert)

☕️ Vom Erfrischungsraum zum Latte Art – Die erstaunliche Geschichte der Museumscafés

Wer heute in einem Museumscafé sitzt, die Cappuccinotasse in der Hand, den Blick über Skulpturenhof oder Museumsgarten schweifen lässt, vergisst leicht: Diese genussvolle Kombination aus Kunst und Kaffee ist gar nicht so alt. Dabei war die Idee, Besucher nach der geistigen Nahrung auch mit kulinarischer zu versorgen, eigentlich naheliegend. Und wie so oft, wenn es um britische Alltagsrevolutionen geht, hat alles in London begonnen.

🎩 1856: Tee mit Kultur – Das erste Museumscafé der Welt

Wir schreiben das Jahr 1856. Die Industrialisierung ist in vollem Gange, Queen Victoria regiert, und in South Kensington entsteht ein Museum, das Kultur für alle zugänglich machen soll: das spätere Victoria and Albert Museum. Sein damaliger Direktor, Sir Henry Cole, hatte eine ziemlich kühne Idee. Er wollte ein „Refreshment Room“ einrichten – einen Ort, an dem Besucher zwischen all der Kunst und Wissenschaft eine kleine Pause einlegen konnten.

Das war revolutionär. Museen waren bis dahin eher Tempel des Wissens – still, ehrwürdig, und keinesfalls ein Ort, an dem man Kuchenkrümel riskierte. Cole dachte anders: Kultur sollte ein Erlebnis für Kopf und Körper sein. Und so entstand das, was heute als das erste Museumscafé der Welt gilt.

🏛️ 1868: Der große Auftritt der „Refreshment Rooms“

Zwölf Jahre später wurde der temporäre Holzpavillon durch etwas ersetzt, das heute noch begeistert: die prachtvollen Gamble-, Poynter- und Morris Rooms. Räume, gestaltet von den besten Designern ihrer Zeit – darunter William Morris, Edward Burne-Jones und Philip Webb. Was hier entstand, war kein schnöder Speisesaal, sondern ein Gesamtkunstwerk aus Farbe, Ornament und Atmosphäre.

Der Morris Room – heute Teil des regulären Museumsbetriebs – ist so schön, dass man fast vergisst, dass man dort ursprünglich Sandwiches und Tee bekam. Das Victoria and Albert Museum nennt sein Café daher stolz „the world’s oldest museum restaurant“. Und tatsächlich: Es war das erste Museum der Welt, das bewusst Essen als Teil des Besuchserlebnisses verstand.

🍰 Und Deutschland?

Während in London bereits um 1860 Kaffeetassen klapperten, blieb es in Deutschland noch erstaunlich still. Museen waren Bildungsstätten – der Gedanke, dort zu speisen, hätte damals wohl manch gestrengen Direktor die Perücke verrutschen lassen.

Erst im 20. Jahrhundert hielten Cafés Einzug in deutsche Museen. Heute sind sie nicht mehr wegzudenken: Ob im Deutschen Museum München, im Haus der Geschichte Bonn, in der Hamburger Kunsthalle oder im Altonaer Museum – überall gehören Café, Bistro oder Restaurant zum guten Ton (und zur Besucherführung).

Ein amüsantes Beispiel: das Aviatische Museum in Berlin, ein frühes Luftfahrtmuseum, verband um 1910 bereits seine Ausstellung mit einem „Fliegerheim-Restaurant“. Ein Vorgeschmack auf das, was heute selbstverständlich ist.

☕️ Von der Pause zur Philosophie

Heute ist das Museumscafé längst mehr als nur eine „Erfrischungsecke“. Es ist Treffpunkt, Arbeitsplatz, Inspirationsort. Hier werden Ausstellungen nachbesprochen, Ideen geboren, manchmal sogar Liebesgeschichten begonnen. Und: Es ist ein Ort der Demokratie – wer im Café sitzt, ist Teil des Museums, auch ohne Eintrittskarte. Ein Ort, an dem die Schwelle zwischen Kunsttempel und Alltag plötzlich verschwindet.

Manche Häuser treiben das Konzept weiter: Das Louisiana Museum of Modern Art in Dänemark etwa ist berühmt für sein Café mit Blick auf den Öresund – fast selbst ein Kunstwerk. Oder das Café Liebermann an der Berliner Akademie der Künste, wo Geschichte, Kunst und Latte Macchiato auf Augenhöhe miteinander plaudern.

📜 Fazit: Kultur schmeckt besser mit Koffein

Ob im viktorianischen London oder im modernen Berlin – das Museumscafé ist ein kulturelles Statement. Es zeigt, dass Kunst keine Disziplin ist, die man mit leerem Magen genießen muss. Henry Cole, der Vater des ersten Museumscafés, würde heute wohl lächeln, säße er im V&A unter den Jugendstil-Lampen, bei einem Flat White und einem Stück Victoria Sponge Cake.

Er hatte verstanden: Kultur, die man teilen kann – am besten bei Kaffee und Kuchen – bleibt länger im Gedächtnis. Und genau das ist ja der Sinn von Museen.

„The Refreshment Rooms – open to all classes without distinction.“

– Schild über dem Eingang zum V&A-Café, 1868

Für das Jahr 1868 ein radikaler Satz – und vielleicht die schönste Definition dessen, was ein Museumscafé auch heute noch sein sollte: offen, genussvoll und ein bisschen revolutionär.

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